Mediation in Deutschland und den USA: Unterschiede und Gemeinsamkeiten
Die Mediation gewinnt sowohl in Deutschland als auch in den Vereinigten Staaten Amerikas immer mehr an Bedeutung, jedoch unterscheiden sich die rechtlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen sowie die soziale Akzeptanz der außergerichtlichen Streitbeilegungsmethode erheblich. Wir erklären in unserem Blogpost die Unterschiede und Gemeinsamkeiten in den Bereichen Gesetz, Verbreitung, Ausbildung und Verfahrensansätze.
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Rechtlicher Rahmen und Gesetze
Die rechtlichen Rahmenbedingungen und Gesetze zur Mediation unterscheiden sich weltweit erheblich. Auch zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika gibt es erhebliche Unterschiede in Bezug auf Mediationsgesetze und -bestimmungen.
Deutschland
Die Mediation ist durch das Mediationsgesetz geregelt, das 2012 in Kraft trat. Es definiert die Standards und Anforderungen an Mediator:innen und legt den Ablauf des Mediationsverfahrens fest (1). Weitere Informationen zu den rechtlichen Bestimmungen und Anforderungen an zertifizierte Mediator:innen findest du hier.
Vereinigte Staaten von Amerika
In den USA gibt es keine einheitliche gesetzliche Regelung für Mediation. Stattdessen variiert die Regulierung von Bundesstaat zu Bundesstaat, mit unterschiedlichen Standards und Zertifizierungsanforderungen sowie Ausbildungen und Bestimmungen zu eben dieser. Auch der allgemeine Ablauf einer Mediation, der Austragungsort und die ethischen Standards der Mediator:innen können je nach Bundesstaat varriieren.
Wie viele Mediationen gibt es in Deutschland? Wie viele in den USA?
Die Verbreitung und Akzeptanz der Mediation zeigt sich in Deutschland und den USA unterschiedlich stark. Während Mediation in Deutschland vor allem in Familien- und Arbeitsrechtskonflikten allmählich an Beliebtheit gewinnt, ist sie in den USA fest in das Rechtssystem integriert und kulturell weitgehend akzeptiert.
Deutschland
Mediation ist zunehmend populär, insbesondere in Familien- und Arbeitsrechtskonflikten. Dennoch ist die Akzeptanz im Vergleich zu traditionellen gerichtlichen Verfahren noch im Aufbau. So finden hierzulande ca. 7.000 und 8.500 Mediationen pro Jahr statt und Schätzungen bezüglich der Anzahl an Mediator:innen schwanken zwischen 7.500 und 70.000 ausgebildeten Mediatoren (2).
Vereinigte Staaten von Amerika
In den USA ist Mediation weit verbreitet und in vielen Bereichen des Rechtswesens, wie Familien-, Arbeits- und Handelsrecht, fest etabliert. Es gibt zudem eine starke kulturelle Akzeptanz für außergerichtliche Streitbeilegung. Gerichte bestellen häufig Mediator:innen bei Gerichtsverfahren, um Dispute vorab zu klären. Hier finden ca. 700.000 Mediationen pro Jahr statt. Allein in New York finden 3000 vom Gericht verordnete Mediationen pro Jahr statt (3) und auch die Anzahl der privaten Mediationen ist höher. Es gibt keine einheitliche Liste für Mediator:innen. Demzufolge gibt es auch hier nur Schätzungen zu den Zahlen der ausgebildeten Mediator:innen. In New York sind 600, in Illinois 320 Mediator:innen in die Liste des United States Department of Labor eingetragen (4). Allerdings ist ein Eintrag in diese Liste nicht verpflichtend.
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Ab wann kann man sich Mediator nennen? USA und Deutschland im Vergleich
Die Voraussetzungen, um sich Mediator:in zu nennen, unterscheiden sich erheblich zwischen Deutschland und den USA. Während in Deutschland eine spezifische Ausbildung und kontinuierliche Weiterbildung gesetzlich vorgeschrieben sind, variieren die Anforderungen in den USA je nach Bundesstaat und Institution, wobei es keine einheitliche Regelung gibt.
Deutschland
Zertifizierte Mediator:innen müssen eine spezielle Ausbildung absolvieren, die durch das Mediationsgesetz geregelt ist. Die Ausbildung umfasst mindestens 130 Stunden theoretischen und praktischen Unterricht. Innerhalb von Vierjahresintervallen, die mit der Ausstellung der Ausbildungsbescheinigung beginnen, müssen sie jeweils 40 Zeitstunden an Fortbildung absolvieren. Mehr Informationen zu den Voraussetzungen einer Zertifizierung für Mediator:innen findest du hier. Der reine Begriff “Mediator” oder “Mediatorin” ist allerdings nicht geschützt und kann somit von jeder Person genutzt werden.
Vereinigte Staaten von Amerika
Die Anforderungen an Mediator:innen variieren je nach Bundesstaat und Institution. Es gibt keine landesweit einheitliche Regelung, wodurch die Qualität und Dauer der Ausbildung unterschiedlich sein können. Auch gibt es keine Lizensierung/Zertifizierung, die für alle Staaten gleich gültig - oder notwendig - ist. Außerhalb von gerichtlichen Konflikten darf jede Privatperson eine Mediation durchführen. In den meisten Fällen müssen Mediator:innen lediglich ein Bachelorzeugnis vorweisen können - die Fachrichtung ist dabei nicht relevant. Wenn jedoch eine Zertifizierung in einem bestimmten Staat gewünscht ist, dauert dies in der Regel zwischen 20 und 40 Stunden und wird nur für “anspruchsvollere” Konfliktsituation als Nachweis über die eigenen Fähigkeiten benötigt (5).
Zwingende Weiterbildungen für Mediator:innen, wie in Deutschland, gibt es in den USA nur für vom Gericht bestellte/eingestellte Mediator:innen. So sind in Idaho beschäftigte Gerichtsmediator:innen z. B. dazu verpflichtet, alle drei Jahre eine Weiterbildung mit mind. 5 Zeitstunden zu absolvieren. In Maryland sind die Bedingungen im Vergleich dazu etwas strenger. Dort müssen jedes Jahr 4 Weiterbildungsstunden absolviert werden und in Mississippi sind es 6 Stunden alle zwei Jahre. Solche klaren Bestimmungen gibt es allerdings nicht für Mediator:innen außerhalb des Gerichtssaals (6).
Verfahrensansätze und Methoden der Mediation
Deutschland
Die Hauptaufgabe von Mediator:innen besteht darin, den Dialog zwischen den Konfliktparteien zu fördern und einen geschützten Raum zu schaffen, in dem offen und ehrlich kommuniziert werden kann, ohne dass es zu weiteren Verletzungen kommt. Dabei achten sie darauf, dass alle Beteiligten zu Wort kommen und ihre Sichtweisen und Bedürfnisse äußern können. Man hilft den Parteien, die eigentlichen Ursachen des Konflikts zu identifizieren und Missverständnisse aufzuklären. Zudem sind Mediator:innen allparteilich, d. h. sie urteilen nicht über die Konfliktparteien und deren Sichtweisen und nehmen keinen inhaltlichen Einfluss auf die Vereinbarungen. Es geht nicht darum, Gewinner oder Verlierer zu ermitteln, sondern eine Win-Win-Situation zu schaffen, in der die Bedürfnisse aller Beteiligten berücksichtigt werden.
Ausgebildete und zertifizierte Mediator:innen erlernen in Deutschland eine Reihe von Skills und Kommunikationsstrategien. Diese Methoden werden dann bedarfsgerecht, gezielt, aber auch intuitiv angewandt und eingesetzt. Es existieren mehrere Handbücher über Kommunikationspraktiken, Konfliktmanagement und Mediation.
Die Erfolgsquote von Mediationen in Deutschland liegt etwa bei 80% (7).
Vereinigte Staaten von Amerika
Hier wird häufig eine facilitative Mediation bevorzugt, bei der der Mediator oder die Mediatorin die Parteien unterstützt, selbst eine Lösung zu finden, ohne eigene Vorschläge zu machen. Mediator:innen müssen allparteilich sein und den Mediationsprozess nicht durch die eigene Meinung zum Konflikt beeinflussen. Doch auch hier gibt es unterschiedliche Herangehensweisen an eine Mediation:
Häufig werden die Klient:innen nur für ein oder zwei Sitzungen gemeinsam angehört. Danach ist es üblich in Einzelsitzungen über den Konflikt zu sprechen und so den Mediant:innen eine offene Kommunikation zu ermöglichen. Nicht selten sind bei diesen Schritten die jeweiligen Anwälte der involvierten Parteien mit vor Ort. Da es wie oben bereits erwähnt in den USA keine einheitliche Ausbildung zum Mediator bzw. zur Mediatorin gibt, gibt es auch einen weniger einheitlichen “Methodenkoffer”. Oft ziehen amerikanische Mediator:innen ihr Wissen aus der eigenen Berufserfahrung oder Erfahrungen aus vergangenen Mediationen.
Die Erfolgsquote der Mediationen liegt auch in den USA bei etwa 80% (8).
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der rechtliche Rahmen, die Verbreitung und die Ausbildungsvoraussetzungen für Mediation in Deutschland und den USA stark variieren. In Deutschland regelt das Mediationsgesetz die Ausbildung und den Ablauf der Mediation, während es in den USA keine einheitliche Regelung gibt und die Anforderungen von Bundesstaat zu Bundesstaat unterschiedlich sind. Die Anzahl der geschätzten Mediationen pro Jahr ist in den USA deutlich höher als in Deutschland, doch in beiden Ländern ist die Erfolgsquote der Mediationen ähnlich hoch und liegt bei etwa 80%. Beide Länder legen Wert auf Allparteilichkeit und fördern die offene Kommunikation zwischen den Konfliktparteien, jedoch unterscheiden sich die methodischen Ansätze und die Qualifikationen der Mediator:innen stark. Während in Deutschland eine strukturierte Ausbildung und regelmäßige Fortbildung gesetzlich vorgeschrieben sind, sind solche Anforderungen in den USA nur für gerichtlich bestellte Mediator:innen verpflichtend und auch dann mit deutlich geringerem Aufwand verbunden.
Quellen:
Bundesministerium der Justiz (2015). Mediationsgesetz (MediationsG). https://www.gesetze-im-internet.de/mediationsg/BJNR157710012.html
Deutsche Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung (Foev Speyer) (2017). Evaluierung des Mediationsgesetzes. https://www.bmj.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/2017_Mediationsgesetz_Evaluationsbericht.html
Gary Shaffer (2018). Court Annexed Mediation By The Numbers.
Bureau of Labor Statistics, U.S. Department of Labor (2024). Occupational Employment and Wage Statistics. https://www.bls.gov/oes/current/oes231022.htm
Bureau of Labor Statistics, U.S. Department of Labor (2024). Occupational Outlook Handbook, Arbitrators, Mediators, and Conciliators. https://www.bls.gov/ooh/legal/arbitrators-mediators-and-conciliators.htm#tab-4
Christopher Razo, Deionna Ferguson, Rodney Lewis (2019). Mediation procedure in USA. https://www.lexology.com/library/detail.aspx?g=dca22429-398d-472b-94de-1bf75ee0b26d
IHK Wirtschaft Online-Magazin (2019). Erfolgreiche Konfliktlösung durch Mediation. http://magazin.ihk-wirtschaft-online.de/index.php/berichte-und-analysen/item/437-erfolgreiche-konfliktloesung-durch-mediation
Jannik Lindner (2024). Key Mediation Statistics: Settlement Success, Cost Savings, High Satisfaction. https://gitnux.org/mediation-statistics/